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Donnerstag, 19. März 2015

play hard - pay hard

Reparaturen auf Weltreise - so kann es gehen...

Wer es hinsichtlich Offroad im Gelände krachen lässt, bekommt nur zu oft auch mal wieder die Quittung dafür vorgehalten. Die intelligenteren Reisenden beschränken daher den Geländeeinsatz auf ein materialschonendes Mass.

Play hard - pay hard - beschreibt dass ganze schön. Ich bin also liegen geblieben. Dass das ganze für mich unter "was hab ich für ein Schwein" verbucht wird - dazu muss ich wohl etwas ausholen.

Aber erstmal zum Tag. Wie der aufmerksame Leser schon weiss, sind meine Lebensmittel-Vorräte seit zwei Tagen angepasst für die Grenzüberquerung nach Chile (nur will es mit Chile einfach nichts werden). Ergo das Frühstück besteht nur aus einigen Keksen. Kein Brot, kein Käse, keine Salami - ich hab alles aufgebraucht.

Anyway, ich greife zu einer Notration Kekse und starte den Tag ohne alles. Die Fahrt führt mal wieder über einen Pass, diesmal unter 2000m - mitten durch eine atemberaubende Dschungel-Landschaft.

Taranteln (Vogelspinnen) sehe ich keine mehr, sondern einfach saftiges grün - soweit das Auge reicht. Das ganze gewürzt mit schönen Seen und kleineren Ackerflächen. Um halb 9 erreiche ich die erste spontane Baustelle - auch mitten im Dschungel kann der Hang auf die Strasse abrutschen.



Aber nach 15 Minuten kann es weiter gehen - aber immer wieder ist ein Teil der Strasse abgebrochen oder ein Teil der Strasse mit abgerutschten Hangteilen künstlich verengt.

Obwohl ich viele Fotos schiesse, komme ich gut voran, lasse die Stadt Jujuy unbesehen hinter mir. Um halb 12 merke ich, dass Leistung fehlt, immer tiefer muss ich das Gaspedal durchtreten. Ich checke in der MotionX App die aktuelle Höhe -1200m daran kann es nicht liegen.

Dann denke ich mir, dass sich vielleicht doch der DPF (Partikelfilter) wegen der Andenpässe meldet und versuche in einem hohen Gang zu fahren. Nebenbei prüfe ich die Armaturen auf Verdächtiges. Kein Weinachtsbaum, keine Fehlermeldung. Aber halt, wieso ist die Temperaturanzeige in einem ungewohnten hohen (aber nicht roten) Bereich?

Also kurz abkühlen lassen, Kühlflüssigkeit checken, sieht ok aus. Aber Juiuy ist eine grössere Stadt, bevor ich mit Problemen in die Atacama Wüste fahre - lasse ich das Ganze doch erst checken. Ich habe Glück und eine 3G Verbindung. Es gibt eine Toyota Werkstatt in dieser Stadt - Glück im Unglück? Nach kurzer Fahrt in Richtung Jujuy kommt dann auch der Servicemode, die Temperatur geht schlagartig in den roten Bereich.

Diesen explosionsartigen Anstieg kann ich nicht wirklich glauben. Aber ich halte, schalte den Motor ab und lasse ihn nochmals abkühlen. Die Fehlermeldung könnte ich dank ODB2 Diagnose Dongle mit der Toyota Techstream Software auch selber auslesen und löschen - aber aus heiterem Himmel werden die Probleme nicht kommen - lieber der Werkstatt ein unangetastetes Fahrzeug übergeben.


Die maximal möglichen 60 km/h sind ausreichend um die 10 Kilometer zurück zu fahren. Ich halte mich als ungewollt erfahrener Werkstattgänger nicht mehr mit der Reception auf, immer gleich in die Werkstatt und einen Mechaniker antriggern. Inzwischen ist es 12 Uhr mittags.

Nachdem mich niemand versteht, wird sogar ein Kundenbetreuer mit guten Englisch-Kenntnissen organisiert. Ich soll mich dahin stellen, es werde bald jemand die Sensor Daten auslesen.

Nach 15 Minuten entschliesse ich mich, den Fehler zumindest schon einmal eigenständig auszulesen. "P0117 - Engine Coolant Temperature Circuit Low Input". Ich beschränkte mich auf das Auslesen, ohne die Meldung zu löschen. Als nach weiteren 35 Minuten der Kundenbetreuer kommt und mir mitteilt, dass der Fehlerspeicher bald ausgelesen wird, konnte ich ihm ein Foto auf dem iPhone präsentieren.

Nun wurde das Kühlerwasser geprüft. Zu wenig drin. Ich hatte eine Art Ablagerung für den Rand einer klaren Flüssigkeit gehalten. Also wird das Kühlwasser aufgefüllt. Zwei Liter passen hinein - dass wäre ein gutes Zeichen. Der Kundenberater teilt mir mit, dass die Werkstatt nun schliesst, Siesta von 13-16 Uhr - in Argentinien und Chile ganz normal.


Nach der Mittagspause würde der Fehler gelöscht und die Ursache gesucht. Ich entschied mich dazu - den Fehler selber zu löschen und eine Runde zu drehen - um festzustellen ob es "nur" an einem bisschen zu wenig Kühlflüssigkeit gelegen hat.

Ich komme keine 2km weit als der Servicemode wieder erscheint - und die Kühlflüssigkeit verschwunden ist. Also warte ich bis 16 Uhr in einem Restaurant neben der Toyota Werkstatt. Wieder wurde Flüssigkeit nachgefüllt und der Motor eine halbe Stunde laufen gelassen. Nichts passiert, doch alles heile? 5 Minten lang werden höhere Drehzahlen angestossen - noch immer ist alles wie es soll.

Nun wollen sie den Unterbodenschutz entfernen um "mehr sehen" zu können. Als lange nichts passiert und auch der Verdacht aufkommt, dass eventuell doch kein Leck anliegt - nur etwas Luft im Kühlkreislauf war, dränge ich erneut zu einer Probefahrt und stelle das Fahrzeug zehn Minuten später wieder ab. Mit der besagten Fehlermeldung und ohne Kühlflüssigkeit.

Ich verlasse das Auto nie und behalte alles im Auge - sonst passiert hier nämlich nichts. Nur zwei der 8 Hebebühnen sind für das Gewicht von Brummie ausgelegt und mir wird der nächste freie Platz zugesichert.

Als der frei ist, stelle ich mich fix an die richtige Stelle, werde aber wieder weggewiesen. Ein kleiner Corolla wird abgestellt - die Werkstatt leert sich. Keine Mechaniker, kein Kundenbetreuer - wohl wieder Pause.

Um halb sechs Uhr abends füllt sich die Halle wieder, die Mechaniker nehmen sich des Corollas an. Ich dränge darauf, mein Fahrzeug vorzuziehen. Ich soll 15 Minuten warten, dann wären die anderen Fahrzeuge fertig.

Ich habe mich schon lange von der Idee verabschiedet, heute noch wegfahren zu können. Überhaupt ohne Ersatzteile wegfahren zu können. Da meine Ersatzteilversorgung sowieso in einer Woche kommt, wollte ich aber einen schnellen Befund.

Eine Frau kann nun herrlich einen hysterischen Anfall vortäuschen und bekommt was sie möchte. Was kann ich als Mann hier machen? Es gibt nur eins - dasselbe. Der Kundenbetreuer vertröstet mich auf die "nur noch 15-20 Minuten". Ich suche den Werkstattchef, der kein Wort englisch spricht, aber ein hysterischer Anfall braucht keine Übersetzung.

Zu meinem Erstaunen klappt das ganze. Der Corolla wird wieder von der Hebebühne gelassen - was den Mechaniker nicht begeistert. Aber nun ist Brummie da, wird hochgepumpt, der zerbeulte Unterfahrschutz entfernt.

Alles sieht trocken aus. Ich begleite jeden Schritt, stehe immer dabei, helfe mit der Taschenlampe, helfe anstützen, nehme abmontierte Bautteile ab - sonst lassen sich die Jungs einfach zu schnell ablenken. Schlussendlich finde auch ich den Fehler. Ich erinnerte mich daran, dass das europäische Modell des Land Cruiser 200 zwei Klimaanlagen hat. Dass mein Wärmetauscher für die Warmwasser Gewinnung (Dusche) im linken hinteren Radkasten angebracht ist.

Wenn ich da hinten den Wärmetauscher habe, muss auch der Kühlkreislauf nach hinten geschlauft sein. Und Bingo, da ist es nass. Und ein Schlauch ist zu sehen der nirgends angeschlossen ist.

Jippie! Es ist nicht die Wasserpumpe, nicht der lecke Radiator - nichts schlimmes. Ich bin doch ein Glückskind?! Dass ich in der Zivilisation liegen geblieben bin - und nicht mitten auf dem gesperrten Pass - ist ein weiteres Glück. Mit der reduzierten Leistung im Servicemode hätte ich keine einzige Bachüberquerung fahren können. Einen Abschleppwagen hätte auch die Heimathilfe nicht dazu motivieren können, mich aus einem gesperrten Pass heraus zu bergen. Ich klopfe auf Holz und hoffe, dass ich vernünftiger werde. Na gut, vielleicht ein kleines bisschen?

Dass ich auf dem Unterboden herumgerutscht bin und meine Heckschürze etwas abgekommen hat, hatte ich ja in den letzten Tagen schon erwähnt. Wir finden Kies und Steine - und um 21 Uhr ist sogar der Unterbodenschutz wieder begradigt und der Land Cruiser ist wieder bestens in Schuss.

810 Pesos kostet mich der Spass, umgerechnet 92 Franken. Ein Schnäppchen, weh tut mir nur der verlorene Tag. Zwei Tage habe ich durch unpassierbare Strassen verloren und nun noch ein Tag in der Werkstatt.

Auf einer Langzeitreise spielen die Tage eigentlich keine Rolle, aber in einer Woche muss ich in Bolivien sein, wo Brummie dann auch wieder eine funktionierende Klimaanlage spendiert wird - dank Ersatzteilen aus der Heimat.

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