Montag, 18. Mai 2015

Tingo Maria nach Sihuas


Am morgen nutzte ich noch einmal den Pool der Villa Jeniffer und fragte noch nach der Machbarkeit meiner Route. Inhaber der Anlage ist ein Däne zusammen mit seiner peruanischen Frau, die mir gestern bei der Reparatur schon unter die Arme gegriffen haben.

Meine angestrebte Route wäre zu gefährlich, meinten beide.  Ein ehemaliges Rebellen und ein Drogen-Anbaugebiet, eine der ärmsten Regionen Peru`s welches nicht sicher ist.

Mich würde da eventuell mehr Abenteuer erwarten, als ich mir wünschen würde. Es wären mit Strassenblockaden und Überfällen zu rechnen.

Besser wäre ein Stück zurück und dann über eine andere Abzweigung zurück über die Anden, oder aber die grosse Tour durch den Dschungel via...

Ich versuche immer Abenteuer und Sicherheit auf einen Level zu bringen, der für mich tragbar ist. Hier habe ich nun definitiv ein mulmiges Gefühl, aber die beiden anderen Optionen wollen mir nicht so recht schmecken.



Nochmal zurück und dann der eher langweiligen Küste Peru`s entlang, mit seinen schnurgerade Strassen, klingt nicht so prickelnd. Die grosse Dschungeltour wäre eine gut befestigte Strasse, nach dem grossen Abenteuer klingt auch das nicht, auch wenn man zugegebenermaßen immer mal wieder eine Dirteinlage einlegen kann, wenn der Abenteuer-Zeh juckt.

Der Weg zurück ist erst einmal raus, auf dem Weg in den Norden habe ich 116km Zeit mir die definitive Route zu überlegen, dann kommt der Abzweig. Also fuhr ich erst einmal nach Tingo Mario Downtown, Tankte noch einmal voll und war selber gespannt auf meine Entscheidung.

Die Fahrt ging mitten durch den Dschungel, der Rand war immer mal wieder mit Bananen und Palmen Plantagen durchwachsen, einfach toll die satten Grüntöne. Noch habe ich keinen Dschungel-Koller.

Auf der Papierkarte ist die Route von der mir abgeraten wurde gar nicht durchgängig vorhanden, aber maps.me kennt sie und schlägt die Route nach Trujillo sogar vor. Maps.me hat mir mit seinem schlechten Routing schon für so manches ungeplante Abenteuer auf meiner Reise gesorgt.


Mit etwas Bauchweh und damit auch einem recht grossen Respekt entschied ich, diesen Dschungeltrack in Angriff zu nehmen – man lebt nur einmal. Wäre ja doof wenn man Abenteuer sucht und dann jeweils kuscht wenn es darauf ankommt. Wobei genau diese Grundhaltung wohl auch nicht besonders clever ist. Aber – hat pepp...

Birgt die Route Gefahr für Leib und Leben – das denke ich eben nicht. Für meinen Besitz, Fahrzeug und Inhalt natürlich schon. Aber genau dafür habe ich teure Versicherungen abgeschlossen, um dieses Risiko kalkulierbar zu machen. Natürlich würde ich mir in den Arsch beissen wenn ich die Reise ohne Auto erst einmal abbreche müsste, aber nur weil das Risiko besteht muss der Fall ja auch nicht eintreten.

Eine übelste Schlagloch/Lehmpiste steckte hinter der Abzweigung und wollte nicht aufhören. Mehr als 15km/h war nicht drin – ich denke die Streckenwahl hat potential und zweifelte keine Sekunde...

Nach ca 12 Kilometer komme ich an einen Fluss mit Fährbetrieb. Während ich halte schleichen auch schon die ersten beiden zwielichtigen Gestalten um das Auto herum, der eine stellte seine Tasche auf mein Ersatzrad am Heck – das kann ja was werden.


Aber es hat auch einige freundlichere Zeitgenossen die einem die Hand schütteln wollen und sich bemühen in ein Gespräch zu kommen. Mein Spanisch ist noch immer inexistent, aber ich kann ihre Neugierde des „Woher Wohin und Nationalität“ immerhin stillen.

Die Fähre sieht noch viel labiler aus als diejenige bei Copacabana in Bolivien. Der Fluss hat eine unglaubliche Fliessgeschwindigkeit und ist toll anzusehen. Aber ich hatte ein latentes Problem.

Dadurch dass ich noch in den Pool hüpfen musste, den Blogartikel von gestern mit Fotos hochgeladen habe – bin ich erst Mittags losgekommen. Als die Fähre anlegte hatte ich noch genau zwei Stunden Tageslicht und die Chance auf ein Wildcamp zu finden. Im Dschungel ist das extrem schwierig, wo gerodet ist steht auch eine Hütte. Ich kann also nur auf eine Art Steinbruch hoffen, oder muss auf am Rand des Tracks halten, an eine der Stellen die zum kreuzen von Fahrzeugen vorgesehen ist.

Nach der Fährpassage wurde der Track bezüglich der Schlaglöcher besser, dafür wartete feinstes Offroad. Mehrfach hatte ich die Wahl zwischen maroder Brücke und dem Furten im Fluss. Mit den grossen Steinen hatte das etwas von Wet-Rockcrawling. Oft war die Piste verschlammt, dann führte der Track eine weile durch den Bach – auch hier wieder so grobe Steine dass ich im ersten Gang der Untersetzung durchrollen musste.


Einfach nur sensationell genial, auch wenn die Strecke oft extrem schmal und einseitig steil herunter ging – dagegen war die berühmte Deathroad in Bolivien ein Kindergeburtstag. Ab und an säumten einige Hütten den Wegrand – Strom, Telefon gibt es hier nicht mehr. Handyempfang auch nicht.

In den zwei Stunden Tageslicht habe ich ganze zwei Wildcamp-Spots in Maps.me markiert, allesamt leider nur Buchten zum überholen oder kreuzen – mitten an dem Track.

Das ist definitiv zu gefährlich wenn die Route von locals so eingeschätzt wird. Bleibt also nur in einem Dorf anzuhalten und zu fragen ob man sich hinstellen darf und wenn ja wo.

Einmal kommt ein Polizei Pickup entgegen, eine Ausweichbucht ist gerade passend am Rand vorhanden. Der Pickup hält und der Polizist deutet mir an dass noch fünf weitere Fahrzeuge kommen. Es folgt ein Pickup voller Soldaten, vier zivile Pickups und am Ende wieder ein Pickup voller Soldaten. Alle voll inkl. Ladefläche. Fahren die wohlhabenderen Locals hier mit Eskorte? Ein Gefangenentransport schliesse ich aus, es hatte auf den zivilen Pickups auch einige Kinder.

Kurz bevor es komplett ein dunkelte hielt ich in bei einem kleinen Dorf, bestehend aus 8 Hütten. Ich stieg aus und fragte einen Mann der an einer der Hütte sass, mit einigen „Spenglischen“ Ausdrücken ob ich hier irgendwo parkieren und übernachten könnte und dass ich im Auto schlafen würde.

Er wies mir einen Platz zu und als ich geparkt hatte waren da auch schon zwei Männer, zwei Frauen einige Jungendliche und Kinder versammelt. Ich hatte noch eine 50g Tafel Toblerone-Schokolade und überreichte die dem Hausherrn als kleines Geschenk aus der Schweiz.


Ich nehme an dass diese nicht gegessen wird, für einen Kaffee-Bauern in einem Dorf ohne Strom und Telefon, stellt die Schokolade wohl eher etwas dar, was er verkaufen wird.

Ich setze mich dazu unter das Vordach einer der Hütte und mit Händen und Füssen erfrage ich die Fahrzeit in die Stadt Sihuas,  besprach die weitere Route und erzählte von meinen Reiseplänen. Leider verhinderte die Sprachbarriere eine tiefergehende Kommunikation. Aber ich wurde da geduldet und lauschte den Diskussionen um mich herum, ohne viel zu verstehen.

Nach einer Weile holte ich den Reiseführer aus dem Auto und gesellte mich wieder dazu, es wäre wohl zu unhöflich gewesen wenn ich mich zu früh zurückgezogen hätte.

Bald war ich umringt von Kindern und Erwachsenen die mein Lesen beäugten und immer wieder Orte erkannten. Im Unterschied zu meinen Erfahrungen mit Locals in Laos und Nordthailand, wo die Ortskenntnisse zwei Dörfer weiter aufhörten, kannte zumindest der Hausherr ganz Nordperu und war selber auch schon im Patagonien (Argentinien) und der Hauptstadt.

Englisch kann hier aber keiner, auch nicht die Kids. Ich befürchte hier in dieser abgelegenen Region sieht es mit einer Schulbildung wohl eher etwas mau aus.

Natürlich steht der Land Cruiser auch hier direkt neben dem Track, aber ich hoffe dass ich hier unbehelligt bleibe und unter dem Schutz des Dorfes stehe.


Tatsächlich fuhren im verlauf des Abends noch zweimal ein Auto vorbei, einmal ein Motorrad – so ungestört wäre ein Trackcamp nicht gewesen.

---- Kurznachricht via Satelliten-Messenger ----

Camp in einem kleinen Dorf - Malaria Gebiet- verschlungener deftiger Dschungeltrack in Richtung Anden und später Meer.

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